Niederlage bei Pestizidkontrollen und die schädliche Kombination mit Varroa

Neue, strengere Pestizidprüfkriterien verabschiedet? – Im Gegenteil…

Wie im Juni-Newsletter erläutert, fanden am 16.07. Juli nun die Abstimmungen zur Reform der Pestizidzulassungsverfahren auf EU-Ebene statt – ein Hoffnungsschimmer am Horizont der Agrarwüsten. Entgegen den Vorschlägen der EFSA fanden die neuen, strengeren Prüfkriterien, die dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorgeprinzip Rechnung tragen und auf Real- und nicht auf Laborbedingungen aufbauen sollten, jedoch leider keine Mehrheit. Ganz im Gegenteil! Wie befürchtet wurde sogar eine weitere Aufweichung der Prüfkriterien für Insektengifte beschlossen, auch Deutschland stimmte für diese Abschwächung. Paradoxerweise erklärte Julia Klöckner drei Tage nach der genau gegenteiligen (!) Abstimmung in einer völlig paradoxen und konträren Pressemitteilung: „Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass Bienenschutz besser gefördert und bei der Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln stärker beachtet wird.“ – der BUND spricht von einem Skandal… Auf die Abstimmung selbst geht die Pressemitteilung übrigens gar nicht erst ein.

Die EU-Staaten folgen somit komplett den Forderungen der Agarindustrie, sodass zunächst die komplett veralteten Kriterien von 2002 in Kraft bleiben und die Industrie Zeit gewonnen hat. Denn die neue Vorlage wird voraussichtlich erst im Frühjahr 2021 vorliegen. Hoffnung könnte jedoch machen, dass nun nach den Wahlen ökologische Sichtweisen im EU-Parlament mehr Raum einnehmen. Fraglich ist allerdings, ob dies überhaupt von Relevanz ist, da das weitere Verfahren völlig intransparent ist und nicht den gewählten Vertretern obliegt. Mehr dazu z.B. unter https://www.deutschlandfunk.de/artenschutz-versus-wirtschaft-europas-streit-um-bienen-und.724.de.html?dram:article_id=453939.

Zusammenspiel von Pestiziden und der Varroa-Milbe

Diese Entwicklungen muten vor dem Hintergrund einer jüngst publizierten Studie von Forschern des Instituts für Bienengesundheit der Universität Bern und des internationalen Honigbienen-Forschungsverbandes COLOSS umso bedenklicher an. Die Forscher untersuchten die Bienenschädigung der kombinierten Wirkung von Pestiziden und Varroa in Bezug auf Körpermasse und Lebensdauer. Das Ergebnis: Während bei Bienen, die lediglich Neonicotinoiden ausgesetzt waren – bis zu einem gewissen Maß – keine negativen Einflüsse festgestellt werden konnten und auch jene Bienen, die sich ausschließlich gegen die Varroa-Milbe wehrten, einigermaßen gut damit zurechtkamen, so stellten die Forscher eine signifikante Reduktion von sowohl Körpermasse als auch Lebensdauer bei jenen Bienenvölkern fest, die beiden Stressfaktoren zugleich ausgesetzt waren. Und das nicht in einer additiven, sondern in einer potenzierenden Art und Weise! Gerade Winterbienen sind dabei besonders von diesem kombinierten Schädigungseffekt betroffen, wodurch sich das „plötzliche“ Sterben der Bienen im Winter erklären ließe. Die vorgestellten Ergebnisse einer kombinierten Wirkungen der beiden Faktoren verdeutlichen zusätzlich die Absurdität und Verantwortungslosigkeit der Politik bei der vorher thematisierten Abstimmung der „Pestizidprüfverfahren“ unter „Laborbedingungen“.  (Zur Studie: https://www.nature.com/articles/s41598-019-44207-1)

Last but noch least: „Ask Your Question“ & „Bee’s Favourites“

Wenn die neue E-Mail-Adresse ask-your-question@bee-great.de eines eindrucksvoll zeigt, dann ist es, dass erst die Begegnung am Bienenstock die Neugierde weckt und die Augen zum leuchten bringt. Denn obwohl die Fragen über Bienen und deren krabbelnde Verwandte bei der Arbeit am Bienenstock auf mich nur so „einprasseln“, war die Beteiligung an der Aktion per E-Mail relativ bescheiden. Was die Relevanz unserer Arbeit verdeutlicht! Erst die Bienen locken uns aus der Reserve und regen uns zum Nach- und im besten Falle auch zum Umdenken an. Dementsprechend ein Mix aus Fragen live am Bienenstock und aus dem Netz:

1. „Woher wissen die Bienen denn, wohin Sie immer wieder zurückfliegen müssen?“

Bienen können rudimentär Muster, Farben und somit Landmarkierungen (Büsche, Bäume, etc.) erkennen und einprägen. Außerdem orientieren Sie sich am Lauf der Sonne und sogar am Erdmagnetfeld. Frisch geschlüpfte Jungbienen prägen sich dabei durch Orientierungsflüge direkt am Bienenstock zunächst den Standort ein, sodass dieser jederzeit wiedergefunden werden kann.

2. „Wie lange lebt eine einzelne Biene überhaupt?“

Das kommt auf die Jahreszeit an. Im Sommer leben die Arbeiterinnen nur bis zu wenigen Wochen, weil Sie sich innerhalb kürzester Zeit „abarbeiten“. Winterbienen leben bis zu 6 Monate, da Sie zur Überwinterung so gut wie nicht ausfliegen, sondern hauptsächlich die Temperatur im Bienenstock regulieren und schließlich im Frühjahr die neue Brut pflegen.

3. „Stimmt es, dass jede Arbeiterin eine Königin werden kann?“

Ja, rein theoretisch kann aus jedem befruchteten Ei – aus dem eine Arbeiterin schlüpfen würde – eine Königin heranwachsen. Dafür muss die Larve jedoch mit einem besonders nährstoffreichen Futtersaft gefüttert werden, dem „Gelée Royale“ und geschieht nur in speziell dafür angelegten „Weiselzellen“.

 

Zum Ende des Newsletters nun noch die monatlichen Bee’s Favourites an Garten- und Balkonpflanzen, diesmal mit einer Kollektion die durchaus auch auf Feldern als Gründüngung auftaucht, leider bisher noch viel zu selten….

Phacelia (Büschelschön)

(Schmalblättriges) Weidenröschen

Borretsch

Überragende Bienenweidepflanze: Nektar im Überfluss und zusätzlich reichlich Pollen! Eine der absolut wichtigsten Nahrungsquellen im Spätsommer/ Herbst!

Wunderbar duftend, die bis zu 1,50m hohen Nachtkerzengewächse eignen sich durch ihr weitläufiges Rhizom hervorragend zur Bodenbefestigung an Hängen.

Auch Gurken- oder Kukumerkraut genannt, neben Phacelia ein wichtiger Nektarlieferant. Borretsch ist sogar essbar! Sehr würzig und aromatisch, perfekt für jeden Salat.

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Michael Wirth